So da war ich also auch in Estland. Ich will an dieser
Stelle noch mal betonen, dass ich hier nicht nur reise, sondern auch unter der
Woche wirklich hart studiere. Ein Erasmusjahr ist nämlich kein Ponyhof! Sop :-P
Im Vorfeld meines Auslandsaufenthalts hätte ich nicht
gedacht, dass ich mal nach Estland reisen würde. Freitagmorgen gings dann,
in aller Frühe, erstmal mit dem Bus von Turku aus nach Helsinki. Nachdem wir im Bahnhof
gefrühstückt hatten und noch etwas durch die noch zue Innenstadt von Helsinki
gelaufen sind, sollte auch bald schon unsere Fähre Richtung Tallinn in See
stechen. Im Vorfeld hatten wir etwas Angst, dass die Fähre nicht fahren würde,
da LindaLine am Vortag alle Überfahren gestrichen hatte, aber alles verlief
reibungslos und nach 90 Minuten Fahrzeit legten wir am Hafen von Tallinn an.
Die ersten Eindrücke von Tallinn waren wenig ansprechend. Zerfallene Häuser, stillgelegte Fabriken, irgendwie so, wie man sich den Osten
vorstellt. Aber je weiter wir uns von der Anlegestelle entfernten, desto näher
kamen wir der Altstadt und dem schönen Teil der Stadt.
Unser erstes Ziel war die Touristeninformation, wo täglich
um Punkt 12 eine kostenlose Führung durch die Stadt angeboten wird. Wir waren
knapp 10 Touristen, größtenteils Studenten. Unser Guide war gut informiert und
erzählte uns in der zweistündigen Führung vieles Wissenswertes über die Stadt
und Ihre Geschichte.
Der erste Stopp führte uns zum Freiheitsplatz, der 2009
fertig gestellt wurde. Dort kann man unterirdisch einige Überreste der alten
Stadtmauern sehen und das Unabhängigkeitsdenkmal. Es symbolisiert die Befreiung
Estlands aus der Fremdherrschaft in den Kriegen zwischen 1918-1920.
Danach gings zum Kiek in die Kök. Na was meint ihr wohl was
das heißt? Ja genau, guck in die Küche :-D Da Estland lange von Deutschen besetzt
wurde, sind viele deutsche Wörter noch in der estnischen Sprache enthalten. Seiner
Zeit was Kiek in die Kök der stärkste Kanonenturm des Batikums und gehörte zum
Stadtmauer Tallinns. Seinen Name bekam der Turm, weil die Wachmänner durch den
Schornstein direkt in die Küche gucken konnten und sahen, was es zu essen gab.
Wir wanderten entlang der Stadtmauern, die fast
Weltkulturerbe geworden wären, und gelangten auf den Domberg. Dort liegt die
Alexander Newski Kathedrale, die größte
russisch- orthodoxe Kathedrale in Tallinn, die an die ehemalige
Zarenherrschaft erinnert. Drinnen waren wir auch, aber so opulent wie sie von
außen ist, so klein wirkt sie von innen. :-D Allgemein ist heute der Großteil der
Bevölkerung dort konfessionslos.
Vor der Kathedrale steht die wohl teuerste, öffentliche
Toilette. Es war die erste Toilette in Estland mit elektrischer Spülung, die
nach den ersten Tagen jedoch schon defekt war. Na dafür haben sich die 2,3 Millionen schwedischen
Kronen auf jeden Fall gelohnt. ;-) Heute wird sie sehr gerne von Obdachlosen
als Nachtquartier genutzt.
Im Anschluss wurden wir zu einer Aussichtplattform geführt,
von wo man einen phantastischen Blick über die Altstadt bis in zum Hafen und
die neueren Stadtteile hatte. Quasi über Vergangenheit und Zukunft :-P Da hätte sich die Sonne aber gern mal ein bissl
zeigen können um das Bild perfekt zu machen :-D
Unsere Tour endet auf dem Rathausplatz. Mitten auf dem
Markplatz befindet sich eine Markierung, von wo aus man alle 5 Kirchen Tallinns sehen kann. Die St. Olaikkirche war mit ehemals 159m das höchste Gebäude der
Stadt und wurde dadurch zum Blitzableiter. 8 Mal schlug dort bisher der Blitz
ein und zweimal brannte sie nieder. Nun ist sie nur noch 124m hoch. Damit man
sie dennoch vom Rathausplatzsehen kann, wurde, in dem vorgebauten Haus eine
Ausbuchtung ins Dach gemacht :-D Was die Leute sich nicht alles einfallen ;-)
Gerade wurde auch der Weihnachtsbaum auf dem Rathausplatz aufgestellt und die
ersten Hütten aufgebaut, aber für den Weihnachtsmarkt waren wir ne Woche zu
früh dran. In Tallinn wurde übrigens der allererste Weihnachtstannenbaum auf
einem öffentlichen Platz in Europa aufgestellt, allerdings nicht geschmückt,
der stand in Riga ;-)
Markierung auf dem Rathausplatz |
Die Stadtführung war echt super, weil man viele interessant
Informationen und so einen Gesamtüberblick, über die
Sehenswürdigkeiten der Stadt, bekommen hat, dazu noch für lau. Also absolut
empfehlenswert.
Nach der gelungenen Stadtführung suchten wir erstmal unser
Hotel auf. Ursprünglich wollten wir in einem Hostel übernachten, aber nachdem
uns einige schlechte Bewertungen über fensterlose Zimmer, Pappewände und
dreckige Bäder abgeschreckt hatten, entschieden wir uns doch ein Zimmer in Go
Hotel Shnelli zu buchen. Das Zimmer war einfach, aber sauber und es gab super
Betten :-D Ich find das schönste an den Reisen hier ist, dass ich immer mal
wieder ne Nacht gut schlafen, und meinem Bett in Turku entfliehen kann^^
Frühstück war auch okay, wenn auch sehr herzhaft mit Schwarzbrot, sauren Gurken
und Nudelsalat statt Nutella.
Unabängigkeitsdenkmal |
Unterirdisch: Alte Stadtmauern |
Also machten wir erstmal einen kleinen Spaziergang durch die etwas entlegeneren Ecken Tallinns. Abseits von der Altstadt ist es, wie schon am Hafen, etwas heruntergekommen. Wir haben die Zeit aber doch ganz gut genutzt und waren in einem Supermarkt. Erstaunlich war, dass in Flaschen in der Getränkeabteilung unterschiedliche viel Inhalt hatten, aber immer das selbe kosteten. Jaja wie ist das nochmal mit Qualitätskontrolle...
Aber zurück zum Spannenden: Der Friseur. Wir wurden etwas verwundert an geguckt, als wir den Laden wieder betraten. Damit hatte wohl keiner gerechnet.^^ Schnell noch eine Frisur aus der Modezeitung ausgewählt, um die Kommunikation zu vereinfachen und schon gings los. Die Friseurin konnte die Hand gar nicht von der Schere lassen und schnitt und schnitt und die Haare wurden kürzer und kürzer. Ich saß nur auf meinem Zuschauerplatz und dachte, oh mein Gott, langsam ist es doch kurz genug, aber es ging immer weiter... spätestens da habe ich meine Entscheidung, nur zu gucken und zu filmen, nicht bereut. Nach ner knappen Stunde fast kontinuierlichen Schneidens war das Endergebnis perfekt und Prinz(essin) Eisenherz wiedergeboren. Das „Opfer“ war danach auch etwas ernüchternd und zog sich erstmal die Kapuze über :-D Also, Friseurbesuche in Tallinn kann ich nicht empfehlen!!
Auf den Schock mussten wir erstmal was essen. Mit Karte und einigen eingezeichneten Restaurants bewaffnet sind wir zurück in die Stadt. Die Restaurantsuche gestaltete sich allerdings was schwierig, weil alle ausgesuchten Restaurants schon ausgebucht waren. Nach mehreren erfolglosen Versuchen, haben wir dann doch noch einen freien Tisch im „Porgu“ gefunden. Das Lokal in einem Keller war super, Essen war lecker, Preis und Bedienung gut. Also sehr empfehlenswert. Nach einem kleinen Abendspaziergang sind wir alle totmüde ins Bett gefallen.
Am nächsten Morgen, nach dem, wie gesagt, sehr herzhaften Frühstück, lernten wir das „wahre“ Shopping Paradies Estlands kennen. Da der Markt am Vortrag schon geschlossen hatte, schlenderten wir Samstag über ihr. Dort gab es alles, von Second-hand Klamotten, über Gemüse und Fleisch bis hin zu Grabsteinen und alles spottbillig. Trotzdem fühlte ich mich etwas unwohl zwischen den teilweise zerfallenden Läden und Leute die einen immer ansprechen mussten. Fotografieren wurde uns dort verboten, weshalb wir irgendwann zum Filmen übergegangen sind. Sind ja auch zwei komplett verschiedene Sachen.
Apotheke und Ausbuchtung im Dach |
Weiter gings zur Domkirche. Dort haben wir uns ein Orgelkonzert angehört, welches sehr schön war. Der Dom ist ein weiteres Wahrzeichen Tallins und bekannt für seine zahlreichen Grabplatten. An den Wänden hängen 107 Wappen von deutschbaltischen Adelsfamilien Estlands. Allgemein wirkte sie aber ein bisschen düster.
Ansonsten wurde noch der Dänenpark, mit seinen 4 Denkmälern besichtigt. Wusstet ihr, dass die dänische Flagge in Tallinn entstanden ist?! Noch ein bissl Souvenirs und Schokolade eingekauft, und Pizza, im Restaurant Pizza Grande, gegessen. Super leckere Pizza, mit viiiiel Käse. Mmmmmh. Dort wollten wir eigentlich schon am Vorabend hin, aber sie hatten leider keinen Tisch mehr frei. Nun kann ich sagen, verständlich ;-)
Dann hieß es auch schon wieder, tschüss Tallinn und ab an Bord Richtung Helsinki. Dort angekommen hatten wir noch etwas Aufenthalt bis unser Zug abfuhr. Also gingen wir zum Sokos Hotel und fuhren bis ganz nach oben, um die Aussicht über Helsinki bei Nacht zu erleben und es war wunderschön die ganzen Lichter und beleuchteten Häuser zu sehen.♥
Nach einer entspannten Bus und Bahnfahrt kamen wir wieder totmüde in Turku an.
Der Trip war super und Tallinn ist unglaublich schön, wenngleich ein Besuch im Frühling/Sommer wohl empfehlenswerter ist. Ich habe gelernt, dass Estland Skype entwickelt hat, gradlinig ein Gefühlszustand ist und man keine enge Bindung zu seinen Haaren aufbauen sollte ;-) UND es war einfach geil, geil, geil ;-)
Hej då